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Die neue Edition der Schriften zur Sprachwissenschaft Wilhelm von Humboldts zielt darauf ab, die erst in den 1990er Jahren wiederentdeckten, verschollen geglaubten Nachlasspapiere Wilhelm von Humboldts zu edieren. Das Baskische war für viele Jahre ein wichtiger Forschungsgegenstand Humboldts. Die erste große Beschäftigung mit einer nicht-indogermanischen Sprache und die Kontakte mit frühen baskischen Grammatikern, Literaten und Intellektuellen führte dazu, retrospektiv diese Episode seines Lebens als die der Herausbildung sprachwissenschaftlichen Denkens zu bezeichnen. Er plante ein großes dreibändiges Baskenwerk. Der nun vorgelegte dritte Band rekonstruiert die Genese seiner einschlägig sehr intensiv rezipierten und diskutierten Schrift zur Stellung des Baskischen im vorrömischen Spanien und im alten Europa.
Baskisch ist die erste nicht-indogermanische Sprache, mit der er sich wissenschaftlich beschäftigte, und die einzige, deren Land er bereiste. Intensiv hat er sich auch mit der autochthonen baskischen Sprachwissenschaft auseinandergesetzt und wurde von ihr stark beeinflusst, was im deutschen Sprachraum nur wenig bekannt ist.
Die zweite Abteilung der Edition von Humboldts sprachwissenschaftlichen Schriften versucht, Humboldts ursprünglichen Plan seines bisher nur zum Teil veröffentlichten Baskenwerks nachzuzeichnen. Der Ansatz, den Humboldt in seinen baskischen Schriften verfolgt, erschöpft sich nicht in einer Annäherung an die baskische Sprache (Band 2 und 3 der Abteilung); vielmehr kristallisiert sich sehr klar der anthropologische Zugang heraus. In den hier veröffentlichten Schriften des ersten Bandes der Abteilung, für die Humboldt die Form der Reisebeschreibungen wählt, äußert er sich zum Land, zu den Menschen, Lebensformen und Traditionen, zur sozialen Organisation und zur Geschichte der Basken.
Humboldt plante eine vergleichende Studie zu den amerikanischen Sprachen. Wie dieses nur in Ansätzen realisierte Projekt hätte aussehen können, dokumentieren die Texte »Inwiefern läßt sich der ehemalige Culturzustand der eingebornen Völker Amerikas aus den Ueberresten ihrer Sprachen beurtheilen?« und die »Einleitung« zur »Tabelle der Buchstabenlaute«. Der Vergleich der Phoneme amerikanischer Sprachen, die Abhandlung »Ueber das Verbum in den amerikanischen Sprachen« und die landeskundliche Studie »Monumente der Nationen Amerika’s« sind Versuche der Umsetzung. Die »Materialien zur allgemeinen Abhandlung« sind sprachliche Kollektaneen mit dem Nahuatl als derjenigen Sprache, mit der alle anderen verglichen werden.
Der Band bildet den Abschluss von Abteilung 3 »Amerikanische Sprachen« der Humboldt-Edition.
Obwohl ihre Entstehungszeit mehr als zehn Jahre auseinanderliegt, verbindet dieser gemeinsame Gestus des Übergangs von der Amerikanistik in die Sprachphilosophie die hier vorgelegten Texte. Der erste ist zu Beginn des amerikanischen Projekts entstanden, als Wilhelm von Humboldt ein französisches Buch über die Sprachen Amerikas für das Reisewerk seines Bruders zu schreiben beginnt, der spätere markiert das Ende der Beschäftigung mit den amerikanischen Sprachen durch den Übergang zum »allgemeinen Sprachtypus«.
In seinen Schriften zum Baskischen setzt sich Humboldt über Jahre erstmals mit einer nicht-indogermanischen Sprache wissenschaftlich auseinander und begründet damit eine neue, empirisch basierte Sprachwissenschaft, die ihre deutschen und französischen Vorbilder transzendiert und nachweislich in wichtigen Punkten von der baskischen Tradition der Grammatikschreibung profitiert. Der vorliegende Band bringt nun in deutscher Originalausgabe jene frühen analytischen Studien und Versuche Humboldts, deren Erkenntnisse für die Etablierung einer systematischen Linguistik wegweisend wurden.
Insbesondere werden dort die Sprachen Javanisch, Malaiisch, Tagalog, Madagassisch, Tongaisch, Tahitisch sowie Maori behandelt und durch Vergleich sowie Typologie deren Einheit in der austronesischen Sprachfamilie nachgewiesen. Die Edition der Vorstudien zeigt Humboldts Weg zu den Südseesprachen sowie zu den Sprachen Südostasiens; sie deutet seine Arbeitsweise, weist Probleme der Edition auf, verweist auf die Quellen und blickt auf die »Verfertigung« philosophischer Gedanken bei der Analyse spezifischer grammatischer Phänomene.