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Die Beiträge des vorliegenden Bandes analysieren nicht nur die komplexen Verbindungen von Ethik und Hermeneutik auf dem Gebiet der allgemeinen Hermeneutik, sondern diskutieren auch Fragen verschiedener Bereichsethiken. Zur Diskussion steht das Verhältnis von Wahrnehmung und Urteil, deskriptiv-hermeneutischem und normativem Zugang zu ethischen Fragen. Gleichzeitig ist aber auch das Ethos der Hermeneutik eine Kardinalfrage hermeneutischer Theoriebildung in Geschichte und Gegenwart, weil alles Verstehenkönnen auch vom Verstehenwollen abhängt und somit nicht nur eine Frage philologischer oder sonstiger Kompetenzen der Interpretation ist, sondern eben auch eine Frage der Ethik.
Theolog:innen verschiedener theologischer Fachgebiete zeigen auf Basis der Interpretation biblischer Texte, Denkweisen, Haltungen und Überzeugungen Perspektiven auf, die angesichts nachvollziehbarer Gefühle von Ohnmacht, Hoffnungslosigkeit, Angst und Verzweiflung, aber auch angesichts von Tendenzen grassierender Irrationalismen, Radikalisierung und Gesprächsverweigerung Kontrapunkte ins Spiel bringen. Tragfähige Zuversichtsargumente werden theologisch möglich, weil biblisches Denken die Möglichkeit eines Umdenkens (metánoia) und damit Perspektiven für produktive und heilsame Veränderungen eröffnet.
So offensichtlich Verstehen und Interpretieren die Kernbegrifflichkeit der fraglichen Theoriebildungen darstellen, so divers und kontrovers gestaltet sich in concreto das jeweilige Verstehen des Verstehens bzw. Interpretieren des Interpretierens. Der vorliegende Band lotet aus, was unter diesen Begriffen zu verstehen ist und wie sie sich zueinander verhalten: Bezeichnen sie distinkte Bereiche oder verschiedene Weisen der Bedeutungszuschreibung – und profilieren sich insofern wechselseitig? Sind sie in hierarchischer Weise aufeinander zu beziehen, sei es systematisch, sei es prozedural? Kann allenfalls auf einen der Begriffe verzichtet werden zugunsten des anderen?